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Liebe Besucher,
dieser Blog soll mir in den nächsten 12 Monaten - und vielleicht auch darüber hinaus - als Plattform dienen, um euch über meine Erlebnisse und Erfahrungen in Bolivien zu berichten. Schnuppert doch einfach mal rein.Viel Spaß beim Lesen!

Samstag, 23. Februar 2013

Kaum wieder Zuhause…

… da gibt es auch schon wieder einen tragischen Unfall. Kurz nachdem ich am Donnerstagnachmittag in Alcalá angekommen bin, höre ich die „Ambulancia“ mit Sirene durch den Ort rasen – und das lässt nie etwas Gutes verheißen. Trotzdem habe ich nicht direkt mit dem schlimmsten gerechnet. Doch abends erfahre ich von Don Roger, dass ein siebenjähriger Junge von den durch den Regen angestauten Wassermassen des Flusses mitgerissen wurde und noch gestorben ist, bevor er im Krankenhaus angekommen ist. Einfach schrecklich!
Das ganze Dorf ist von diesem Vorfall geschockt und am nächsten Morgen werde ich auch direkt von meiner Erzieherin darauf angesprochen und beim Trauergottesdienst am Samstagmorgen ist die Kirche voller als sie es an Weihnachten war.

So nun aber wieder zu den schöneren Dingen des Lebens oder zumindest zu den kleineren persönlichen Tragödien. Kurz vor meiner Abreise nach Alcalá wurde mir in Sucre noch mein Handy geklaut. Obwohl es das Handy kaum wert ist, ihm hinterher zu trauern, hat es mich erst mal ziemlich geärgert, weil es einfach – wie eigentlich immer bei so was – eine blöde Situation war und ein doofer Start in den Tag. Außerdem war es ja wieder klar, dass es ausgerechnet dann passiert, wenn ich gerade zurück aufs Dorf fahre und so erst mal keine Gelegenheit habe ein neues zu besorgen, geschweige denn es registrieren zu lassen. Aber ich will mich nicht beklagen, denn bis jetzt hatte ich ja wirklich Glück, was solche Dinge betrifft („toitoitoi“) und so anderthalb Wochen ohne Handy können jawohl auch nicht so schlimm sein.
Ansonsten gibt’s nichts weiter Erzählenswertes von meiner Rückfahrt zu berichten. Mein Aufbruch war ziemlich hektisch und letztendlich ist die Flota erst eine gute halbe Stunde später abgefahren. War ja klar!

Hier habe ich dann schnell gemerkt, dass von wirklichem Unterricht wirklich noch keine Rede sein konnte. Am Freitag sind hier zwar einige Kiddies zur Escuela gelaufen, aber als ich dort ankam und gesehen habe, dass insgesamt vielleicht 30 Kinder da waren und es auch nicht so wirkte, als ob es gleich losgehen sollte, hab ich lieber im Kindergarten vorbeigeschaut. Der ist in den Ferien ja umgezogen und Georgi hat während meiner Abwesenheit gestrichen und beim Umzug geholfen. Aber dort war auch nicht viel los. Als ich ankam, saß die Erzieherin mit einem einzigen Kind da und im Laufe des Tages kamen auch nur noch zwei weitere. Ich bin eh mal gespannt, wie viele Kinder dieses Jahr kommen, weil ja quasi alle auf die Vorschule gekommen sind.

Übers Wochenende war ich hier mit Simon und Hagen alleine(weil Georgi nach Sucre gefahren war) und die haben mich erst mal damit überrascht, dass sie die Küche sauber gemacht haben. Danke, Jungs!  Am Sonntagmorgen hat dann so die Sonne gelacht, dass ich es nicht im Hostel ausgehalten habe und mir meine Kamera und ein Buch geschnappt hab, um mir irgendwo einen schönen Platz im Freien zu suchen. Eigentlich dachte ich vielleicht auf den Antennenberg zu steigen, aber letztendlich bin ich etwas außerhalb von Alcalá am Fluss gelandet. In diese Richtung war ich davor noch nie gegangen und es war echt schön dort – auch wenn ich nicht allzu lange geblieben bin, weil immer mehr Wolken im Anmarsch waren und mir die Donnergrollen nicht ganz behaglich waren.


Was ich aber eigentlich erzählen wollte, ist eine Begegnung, die ich auf dem Hinweg mit einem meiner letztjährigen Kindergartenjungen hatte und die mich mal wieder ziemlich zum Nachdenken gebracht hat. Er kam mir auf seinem Fahrrad entgegen gepest(und hat mich auch nach anderthalb Monaten Abwesenheit sofort freudig begrüßt) – zwar mit Stützrädern, aber die wären nicht wirklich notwendig gewesen. Dann ist seine Hose in der Kette hängen geblieben, was bei uns vermutlich für jedes Kind Grund gewesen wäre in Tränen auszubrechen. Doch Alejandro – höchstens viereinhalb – ist einfach abgestiegen und hat versucht sich wieder zu befreien. Ich hab ihm dann geholfen und er hat mir erzählt, dass er eigentlich ein Fahrrad ohne Kette (?!) wollte.
Wieder einmal habe ich einfach gestaunt, wie selbstständig die Kinder hier sind, schon von klein auf. Gleichzeitig wäre eine solche Situation bei uns schon deshalb gar nicht möglich, weil Kinder in dem Alter niemals alleine durchs ganze Dorf fahren würden/ könnten – einerseits wegen dem Verkehr, andererseits aber auch, wegen dem „Beschützerinstinkt“ vieler Eltern.

Anfang der neuen Woche hatte ich dann zum ersten Mal Englischunterricht mit den Sechstklässlern von Don Roger. Das ist hier echt eine Herausforderung und auch ich habe gleich gemerkt dass es mit Sicherheit kein Spaziergang wird. Aber einige Schüler scheinen doch interessiert zu sein und ich bin auf jeden Fall motiviert und freue mich auf die neue Aufgabe. In den nächsten Wochen soll ich dann auch noch die Parallelklasse unterrichten, aber im Moment sind die Klassen noch zusammen geworfen, weil noch einige Schüler fehlen.
Die restlichen Tage war ich in der KinderBenjita. Dort sind dieses Jahr lauter ganz kleine und so ist es auch nochmal anders als letztes Jahr. Diese Zwerge sind echt total goldig und es macht Spaß Zeit mit ihnen zu verbringen und mit ihnen zu spielen, aber trotzdem möchte ich nicht die ganze Woche dort verbringen – auch wenn sich die Erzieherin für jeden Tag Unterstützung wünscht. Da müssen wir nochmal schauen, wie wir das regeln können, weil ich mindestens einen Tag auch gerne noch in eine Außenschule gehen möchte und ja auch schon wegen dem Englischunterricht nicht jeden Tag kann.
Unser neuer Kindergartenraum


Dienstag, 12. Februar 2013

„Carnaval“ zum Zweiten


Nachdem hier die große Mehrheit – ob spontan oder geplant – nach Oruro gefahren ist, kam es uns am Freitagabend erst mal so vor als ob wir jetzt ganz alleine noch in Sucre wären. Aber dem war natürlich nicht so. Bestens ausgerüstet mit Spritzpistolen, Wasserbomben und Regencapes – also allem was man für die bolivianischen Narrentage so braucht – ging es dann am Samstagvormittag in die Stadt. Zum Glück war auch die Sonne mal für eine Weile zwischen den Wolken hervorgekommen.
Hier ist es nämlich Brauch sich an „Carnaval“ nass zu machen und dass hatten wir auch schon in den letzten Tagen und Wochen zu spüren bekommen: Überall musste man sich vor Kids und auch Erwachsenen mit Wasserbomben bzw. –pistolen in Acht nehmen und viele fahren auch auf Pick-Ups und mit ganzen Eimern voll Wasser durch die Stadt nur um sich Wasserschlachten zu liefern. Bisher hatte uns das immer eher genervt, aber für „Carnaval“ wollten wir dann doch mal mitspielen.
Damit wir nicht schon bis zur Plaza pitschnass werden, sind wir mit dem Micro in die Stadt gefahren und erst ausgestiegen als es nicht mehr weiterging. Und dann ging die Schlacht auch schon los. Hauptsächlich kleine Kinder mit ihren Spritzpistolen, aber auch Jugendliche und Erwachsene und an den Straßenseiten saßen alle paar Meter Frauen mit Wasserschüsseln voller  Wasserbomben zum Verkaufen. Als wir an der Plaza ankamen, war dort noch die „Entrada“ in Gange, die ein bisschen zeigen sollte wie Karneval früher aussah. Davon haben wir allerdings nicht so viel gesehen, da ziemlich viel los war und wir auch schnell in eine richtige Wasserschlacht mitten auf der Plaza verwickelt waren. Leider waren unsere Pistolen schnell leer und die Brunnen waren auch nicht gefüllt. Also was nun? Schon wieder zurück? Nein, wir haben beschlossen bei unserem Stammcafé um Wasser zu bitten und – ob nun wegen unserer schönen Masken, aus Angst vor einer Dusche oder einfach um den Gringas nicht den Spaß zu verderben – wir durften tatsächlich auffüllen und so stürzten wir uns noch einmal in den Kampf bevor wir uns wieder auf den Heimweg machten. Bis dahin war ich noch einigermaßen trocken unter meinem Regencape, aber dann kamen plötzlich alle mit ihren Wasserbomben von hinten an und haben sie direkt im Nacken zerplatzen lassen. So kamen  wir alle völlig durchnässt beim Hostel an, aber unseren Spaß hatten wir auf jeden Fall. Und mal wieder eine ganz neue Fasnets-Erfahrung.



Auf geht's in den Kampf



...und etwas nass wieder zurück.

Das gleiche haben wir dann am Sonntagnachmittag nochmal gemacht. Diesmal war die Schlacht noch härter und einige Wasserbomben taten wirklich weh. Außerdem war auch das Wetter nicht so schön und so war ich diesmal doch ziemlich froh wieder im Hostel zu sein – wenn auch wieder total nass.
Eigentlich wollten wir auch die beiden Abende immer noch feiern gehen, aber mehr als was Trinken gehen ist nie daraus geworden. Denn so voll die Stadt auch den Tag über war, so leergefegt war sie abends. Außer ein paar Musikgruppen war nichts los und die Kneipen waren total leer, sodass wir auch keine große Lust hatten noch länger weg zu gehen.

Samstag, 9. Februar 2013

Comadres – oder „Altweiberfasnet“ bolivianisch

Nachdem ich in Deutschland eigentlich noch nie bei der Altweiberfasnet war bzw. am Schmotzigen Donnerstag immer ziemlich inaktiv war, hab ich hier die Gelegenheit beim Schopf gepackt und bin mit der Tochter meiner Spanischlehrerin und ihrer Freundin feiern gegangen.
Ergeben hat sich das ganze so: Schon vor fast zwei Wochen ist das Gespräch mit Monika zum ersten Mal auf unsere Pläne für „Carnaval“ gekommen und relativ schnell hat sich herausgestellt, dass die anderen beiden nach Oruro fahren würden, der bolivianischen Fasnetshochburg. Ich hatte anfangs auch mit dem Gedanken gespielt, aber irgendwie hat alles nicht so gepasst und ich habe mich entschieden in Sucre zu bleiben. Monika hat mir dann immer mal wieder erzählt, was es hier für Möglichkeiten sowohl zum Feiern als auch zum Zuschauen gibt und am Mittwoch hat sie mir dann erklärt, dass der Donnerstag der typische Partytag nur für Frauen ist, eben „Comadres“. An diesem Tag gibt es in ganz Sucre Partys, wo die Frauen aller Generationen miteinander und nur untereinander – das heißt komplett ohne Männer, zumindest im Normalfall – tanzen und feiern. An diesem Tag könne ich unmöglich im Hostel bleiben und so hat sie mir gleich angeboten, dass ich mit ihrer Tochter zu einer sehr schönen Party ins „Mooy“, einer Disco, gehen könnte.
Ich habe zunächst gesagt, dass ich mich noch mit den anderen Mädels absprechen würde, aber generell hatte ich schon Lust und als am Donnerstagabend klar war, dass alle andere Pläne hatten oder ganz zuhause bleiben wollten, hab ich mir einen Ruck gegeben und Monika angerufen. Ich hatte etwas Skrupel, ob es ihrer Tochter wohl recht sein würde, die ich bis dahin nur vom Sehen kannte, aber überhaupt kein Ding. Wahrscheinlich ist sie das auch schon gewohnt. Auf jeden Fall haben sie mich um 22 Uhr am Hostel abgeholt und dann bei der Freundin von Michelle abgesetzt. Deren Mama hat uns dann noch zum „Mooy“ gefahren und los gings.
Der Eintritt war zwar für hiesige Verhältnisse mit 130 Bs. ziemlich teuer, aber die Party dafür echt gut. Außerdem war auch noch ein Fingerfood-Büffet, alle Drinks, und Hut und Maske in den etwa 14€ inklusive, was will man da sagen. Wir hatten dann zu dritt einen schönen Abend – die beiden Mädels sind echt total nett – haben getanzt, uns unterhalten und haben auch noch ein paar Bekannte von ihnen getroffen. Eine davon war schon für ein Jahr in Hamburg – ist die Welt nicht klein? (Und natürlich gehören sie alle mehr zur Oberschicht Boliviens, sonst wäre so etwas kaum denkbar.) Um zwei kam dann noch eine „Banda“, also eine Musikkappelle und meine beiden Begleiterinnen haben sich total gefreut als die nur für „Carnaval“ typischen Lieder gespielt wurden. Ich habe dann versucht, mir während dem Tanzen den Narrenmarsch und Ähnliches ins Gedächtnis zu rufen, aber gleichzeitig mit der bolivianischen Musik hat das nicht so gut geklappt. Eigentlich hatten mir auch schon alle erklärt, dass man mit der „Banda“ dann nach draußen und um die Plaza gehen würde, aber dieser Teil fand irgendwie nicht statt – das hat auch die anderen gewundert. Naja, was solls, auch so war es schon ein besonderer Abend und ich war echt froh mich dazu durchgerungen zu haben.
Um drei wurden wir abgeholt und nachdem ich unseren armen Rezeptionisten wach geklingelt habe, bin ich so gegen halb vier mit grünen Leuchtstäbchen, die mir als gute Lichtquelle dienten ohne Nathalie zu wecken, in mein Bett getappt.