Einmal im Leben Weihnachten komplett anders verbringen als
gewohnt – das hat schon was!
Der 24. Dezember weckte uns mit blauem Himmel und
strahlendem Sonnenschein, von Schnee weit und breit keine Spur. Aber das störte
mich nicht weiter, denn in Weihnachtsstimmung war ich eh nicht. Nach dem
Frühstück bin ich mit Ina in die Küche gegangen und wir haben nochmal Plätzchen
für einen gemütlichen Weihnachtsabend gebacken. Mit richtig deutschen
Ausstech-Förmchen und Zuckerkügelchen und Schokolade zum Verzieren. Nachmittags
sind wir zwei dann nochmal bei geschätzten 30°C zu Carlos und Reina gegangen, während
in Deutschland schon alle vor dem Weihnachtsbaum saßen und Geschenke auspackten
– eine komische Vorstellung, einfach total unwirklich. Ina hatte für ihre
beiden taubstummen Schüler noch ein Geschenk von Marieke und außerdem musste
sie ihnen noch erklären, dass sie erst im März wiederkommen würde, da sie bis
dahin in Sucre fürs DELE(Spanisch-Zertifikat)lernen wird. Die beiden fanden es
ziemlich amüsant, dass sie dann so lange keinen „Unterricht“ haben werden.
Wieder in Alcalá angekommen, haben wir erst mal geduscht und
uns ein bisschen hergerichtet, da wir am Morgen mit unserem Hostelpapa
besprochen hatten, dass seine Tochter Lil gegen sechs anfangen würde bei uns in
der Küche zu kochen, wo wir dann auch essen wollten, da im Hostel noch immer
ziemlich viele Gäste waren, die dort feiern würden. Die Küche war jedoch um
halb acht noch komplett dunkel und natürlich… die Pläne waren mal wieder
geändert worden. Lil kochte doch bei ihren Eltern hinten, da alles andere viel
zu umständlich gewesen wäre und wir aßen dann auch dort im Hof. Jedoch erst
gegen elf, halb zwölf, sodass wir noch genug Zeit hatten vorher in die Kirche
zu gehen. Nach dem ersten Läuten der Kirchenglocken ließen wir Lil alleine
kochen, die Kirche war jedoch noch leer, denn erst mit dem dritten Läuten
sollte die Messe beginnen. Also spazierten wir noch ein bisschen die Straße
hoch und runter und sahen zu wie einige Menschen auf der Straße tanzten. Dort
wurden wir dann auch gleich ins Haus gezogen, doch als uns der Chicha-Geruch
entgegenschlug und wir gleich ein Glas in die Hand gedrückt bekamen, haben wir
uns schnell wieder aus dem Staub gemacht. Inzwischen hatte es zum zweiten Mal
geläutet und wir setzten uns mit ein paar Jungs vor die Kirche auf die Plaza.
Dort trafen wir dann auch noch David, den Bruder von Reina und Carlos, der auch
zur Messe gekommen war.
Gegen halb zehn kam schließlich das dritte Läuten und wir
gingen hinein. Die Messe war im Vergleich zu einer deutschen Weihnachtsmesse
ziemlich kurz und die Kirche war auch ziemlich leer. Es wurde die
Weihnachtsgeschichte verlesen, Fürbitte gehalten… und zwischendurch wurden
immer wieder Lieder per Gitarre gespielt und gesungen und die Gemeinde
klatschte dazu. Am Ende wurden die Gläubigen noch aufgefordert das Christkind
anzubeten, im Teil der sogenannten „Adoración“, und die Gemeinde tanzte um den
mit bunt blinkenden Lichterketten(bei uns unvorstellbar) verzierten
Weihnachtsbaum. Es war kurz nach halb elf als wir zu Lil zurückkehrten. Das
Essen war fertig und wir holten nur noch einen Tisch aus unserer Küche dazu.
Der Zitrusbaum im Hof war mit Weihnachtskugeln geschmückt worden und der Tisch
schön eingedeckt und so konnte es losgehen. Es gab „Koko al Pollo“, Hühnchen
mit Nudeln und Kartoffeln in einer Soße mit Wein und Chicha. Sehr lecker! Zum Nachtisch
gabs unsere Plätzchen und die Gewürzkuchen-Brownies, die die Jungs am Abend
vorher schon gebacken hatten. Zwischendurch haben wir unsere Geschenke
übergeben und dann pünktlich um zwölf wünschten wir uns alle Frohe Weihnachten,
oder besser gesagt „Feliz Navidad“. Denn wie in den meisten Ländern ist auch in
Bolivien erst am 25. Weihnachten, obwohl wie bei uns bereits am 24. Feierlich
gegessen wird – wenn auch etwas später. Gerade noch rechtzeitig hat Ina dann
mitgehört, dass Lil auch Geburtstag hatte und so haben wir alle noch schnell
gratuliertJ.
Insgesamt war es ein gemütliches Beisammensein, wenn auch Doña Clivia, unsere
Hostelmama, fehlte, weil sie noch in Argentinien auf Familienbesuch war und die
Stimmung vom Don etwas gekünstelt wirkte.
Anschließend ging es los zur Party. Denn in Bolivien ist es
Brauch, dass die Jugend nach dem familiären Teil noch bis zum Morgengrauen feiern
geht. Dazu stand an diesem Abend die „Karaokebar“ von Alcalá (wo sonst nie was
los ist) zur Verfügung. Es dauerte eine Weile bis wir dort ankamen, aber dann
hatten wir doch noch viel Spaß beim Tanzen und waren erst gegen vier(nicht ganz
MorgengrauenJ)
wieder im Hostel, nachdem wir noch von zwei leicht angetrunkenen Jungs nach
Hause begleitet worden waren. Wir unterhielten uns ein bisschen und erfuhren,
dass sie aus La Paz sind, sodass wir ihnen gleich erzählten, dass wir dort
hinfahren wollten und unsere Nummern austauschten.
David hatte uns für den 25. eingeladen mit ihm nach Garzas
zur Adoración zu kommen und so standen wir schon um halb neun wieder auf und
machten uns um zehn auf den Weg zu ihnen. Dort angekommen fanden wir David auf
dem Bett liegend und er meinte dauernd, dass es ja „so windig“ sei. Ina schaute
dann nochmal in die Hefte von Carlos und Reina und Reina hatte sogar schon mit
ihren Hausaufgaben angekommen. Von David bekamen wir das typische
Weihnachtsessen, „Buñuelo“(ein frittiertes Teiggebäck) mit Kakao. Anschließend
machte er sich nochmal auf den Weg nach Alcalá und wir bastelten in der Zeit
einen Kalender für das Jahr 2013. Und dann ging es los nach Garzas. Wir beiden
Mädchen zusammen auf einem Pferd. Ina total glücklich über die Reitgelegenheit,
ich anfangs etwas angespannt, mit der Zeit aber auch immer lockerer. David war
etwas enttäuscht über unser langsames Tempo, aber sonst hätte er ja neben uns
herrennen müssen :D.
Als wir in Garzas Grande ankamen – wo wir erst noch Soda
kauften und mit Buñuelos, diesmal mit selbst gemachtem Honig(!)
versorgt wurden – war die Anbetung in der Kapelle schon vorbei und die Menschen
machten sich auf den Weg zu einem Privathaus, wo die Feier weitergehen sollte.
Zunächst wurden aber noch einmal Buñuelos verteilt! Und Ina und ich waren froh,
dass wir eine Tüte hatten. Mit dem Pferd konnten wir natürlich nicht den Trampelpfad
mitten durch die Wildnis nehmen sondern mussten wieder den selben Weg zurück,
den wir gekommen waren. Da in der Zwischenzeit ziemlich dunkle Wolken
aufgezogen waren und wir Gringas schon so gesättigt waren, dass wir uns nicht
nochmal mit Picante voll stopfen
wollten, haben wir uns entschieden nach Alcalá zurückzukehren. David versuchte
uns zu überreden doch noch mit zu kommen, aber letztendlich ist er dann selbst
auch erst mal nach Hause gegangen.
Zurück in Alcalá, haben Ina und ich nach einem kurzen
Abstecher in den Garten erst mal eine kurze Pause eingelegt, bevor wir noch die
Spiele im Spielesalon zusammengeräumt haben, weil jetzt ja der Umzug ansteht.
Das war dann also unser Weihnachten in Alcalá. Insgesamt
habe ich das kalte Deutschland überhaupt nicht vermisst und mal ein Jahr ohne
den ganzen Geschenkestress fand ich ziemlich entspannt. Nächstes Jahr dann (vielleicht) wieder umso lieber im gewohnten Ablauf!?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen